Digitalisierung beschreibt den Prozess der Integration von digitalen Technologien in sozialen, geschäftlichen oder privaten Kontexten (Keuper et al., 2013, 5).
Der Begriff “Digitalisierung” stammt von dem englischen Wort „digit“ (dt. für Zahl oder Ziffer). Ursprünglich wurde unter “Digitalisierung” die Umwandlung von Informationen in maschinenlesbare Daten verstanden (vgl. Bautz, 2020, 94). Heutzutage spricht man oft von Digitalisierung im Kontext von Einbettung digitaler Informationen, Technologien und Ressourcen in u.a. Arbeit, Industrie und Bildung. Die wachsenden Möglichkeiten der Technik und Diskussionen über digitalen Bedarf führen in vielen Branchen zu einer sogenannten Digitalen Transformation, einem fortlaufenden Veränderungsprozess, bei dem digitale Technologien einen immer höheren Stellenwert einnehmen.
Über die digitale Aufbewahrung analoger Informationen hinausgehend, bietet Digitalisierung die Möglichkeit, diese effektiv und effizient miteinander zu vernetzen. Auch der Gebrauch einer Vielzahl von Such- und Indexierungsmechanismen ist möglich (vgl. Keuper et al., 2013, 5). Weiterhin wurde durch Digitalisierung die Einbeziehung kollektiver Intelligenz auf einer neuen Ebene möglich, bis hin zum Verständnis, dass viele Online-Angebote als ein unfertiges Produkt zur Verfügung gestellt werden können, da interessierte Internet-Nutzer:innen diese weiterentwickeln können (vgl. ebd., 20).
Die wichtigsten Folgen der Digitalisierung können drei Ebenen zugeordnet werden (vgl. Bengler & Schmauder, 2016):
- Digitalisierung auf individueller Ebene: Veränderung der Lebens- und Arbeitsweisen. Beide sind zunehmend weniger ort- und zeitgebunden.
- Digitalisierung auf organisationstechnischer Ebene: Investition von Ressourcen in Nutzung von digitalen Technologien, Vernetzung von Firmen untereinander, mit Kunden und Lieferanten.
- Digitalisierung auf gesellschaftlicher Ebene: Neue Dienstleistungen und Berufe entstehen. Traditionelle Bildungssysteme werden angepasst.
Vor allem in der Bildung spielt die Digitalisierung eine große Rolle, da „sich durch außerschulische Mediennutzung die kenntnis-, fähigkeits- und motivationsbezogenen Voraussetzungen für den Fachunterricht ändern [können]“ (Tulodziecki 1997, 31, zitiert nach Palkowitsch-Kühl, 2019). Sie hat Diskussionen dazu ausgelöst, wie Lehrpersonen den Weg zwischen Didaktik und Methodik so gehen, dass sie das neue Potential der digitalen Technologien nutzen, diese aber nicht vor den eigentlichen Lerninhalten Priorität einnehmen. „Wenn es um den Einsatz neuer Medien im Unterricht geht, dürfen weder das schiere Vorhandensein der Technik […] noch die unreflektierte Orientierung an der Lebenswelt Grundlagen der Unterrichtsplanung sein.“ (Krommer 2015, 42, zitiert nach Palkowitsch-Kühl, 2019).
Basierend auf Differenzen in der Anzahl der Lernenden und den Anforderungen der jeweiligen Ausbildungsberufe machen viele Berufsschulen und ausbildende Unternehmen von unterschiedlichen Lösungen Gebrauch, um mit dem digitalen Fortschritt mitzuhalten. Vor allem durch die oben genannten gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung besteht in der beruflichen Ausbildung ein Bedarf nach neuen Inhalten. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat in Anlehnung daran einige Ausbildungsberufe um neue Fachrichtungen und Qualifikationskompetenzen ergänzt (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, 2020, 6). Die allgemeine technische Infrastruktur ist an vielen Standorten der beruflichen Bildung mittlerweile gefestigt vorhanden. Online-Angebote wie E-Learning oder asynchrone Unterrichtsdokumentation nehmen jedoch oft eine niedrigere Priorität ein (vgl. Berger, 2020, 9). Nach dem Rückgang von Ausbildungsverträgen, in erster Linie im ländlichen Raum, wird Digitalisierung nun als eine Chance verstanden, Berufsausbildung attraktiver und zugänglicher gestalten zu können. Einige der Projekte im Raum Niedersachsen beinhalten die Erprobung von digitalen Lernszenarien unter Anwendung von Blended Learning (vgl. N21, o. J., 80) und die Erstellung von asynchronen Lernmaterialien (vgl. Netzwerk ESN, 2022). Solche Vorhaben zielen darauf ab, das Verständnis der Lernenden und Auszubildenden für Prozessabläufe in einer digitalisierten Arbeitswelt zu fördern (vgl. Baar, 2021).
Baar, I. (2021). Wie die Digitalisierung das Lernen verändert. Online-Magazin Lahn-Dill Wirtschaft. Abgerufen von https://www.ihk.de/lahn-dill/presse/ihk-magazin/ihk-intern/die-schule-der-zukunft-5367138 am 21.10.2022.
Bautz, T. (2020). Sozialisationswandel im digitalen Klassenzimmer. Beltz Juventa.
Bengler, K., & Schmauder, M. (2016). Digitalisierung. Zeitschrift Für Arbeitswissenschaft, 70(2), 75–76. doi.org/10.1007/s41449-016-0021-z
Berger, R. (2020). Digitalisierung der beruflichen Bildung: Kurzstudie auf Basis einer repräsentativen Befragung. Bundesministerium Für Wirtschaft Und Klimaschutz. Abgerufen von bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/I/Intelligente-Vernetzung/studie-digitalisierung-der-beruflichen-bildung.pdf?__blob=publicationFile&v=4 am 21.10.2022.
Bundesinstitut für Berufsbildung. (2020). Ausbildung gestalten: Kaufmann für Digitalisierungsmanagement/Kauffrau für Digitalisierungsmanagement. Abgerufen von https://wap.igmetall.de/docs_BIBB_Umsetzungshilfe_Kaufmann_fuer_Digitalisierungsmanagement_2020_7343226105e99ad5302eee618a74f9c49e441f74.pdf am 21.10.2022.
Keuper, F., Hamidian, K., Verwaayen, E., Kalinowski, T., & Kraijo, C. (2013). Digitalisierung und Innovation: Planung – Entstehung – Entwicklungsperspektiven. Springer Gabler.
N21 (o.J.) Masterplan Digitalisierung, Kapitel 2.7 – Bildung. Abgerufen von https://www.niedersachsen.de/startseite/themen/digitales_niedersachsen/masterplan_digitalisierung/ am 21.10.2022.
Netzwerk ESN (2022). Schüler:innen leiten eine Station. Abgerufen von https://www.netzwerk-esn.de/news/ausbildung-40-digitales-lernen-am-marienstift am 21.10.2022.
Palkowitsch-Kühl, J. (2019). Digitalisierung als Herausforderung für Unterrichtsprozesse religiöser Bildung. Loccumer Pelikan: Herausforderung Digitalisierung, Nr. 1, 10-15. Abgerufen von https://www.reli.ch/didaktische-ueberlegungen-zur-digitalisierung-oder-von-der-kompetenz-zur-app-und-wieder-zurueck/ am 11.10.2022.
Berufsschule 4.0! Wo steht die digitale Transformation des beruflichen Bildungssystems? | mmb Institut GmbH. (o.J.). Abgerufen von https://www.mmb-institut.de/blog/berufsschule-4-0-wo-steht-die-digitale-transformation-des-beruflichen-bildungssystems/ am 21.10.2022
Bundesministerium für Bildung und Forschung & Hausdorf, G. (2016). Richtlinie zur Förderung von “Transfernetzwerken Digitales Lernen in der Beruflichen Bildung“ (DigiNet). Bundesanzeiger. Abgerufen von https://www.bundesanzeiger.de/pub/de/amtliche-veroeffentlichung?3 am 02.12.22.
Kultusministerkonferenz (2021). Empfehlung der Kultusministerkonferenz zum Einsatz digitalisierter Lehr- und Lernformate zur Beibehaltung des Fachklassenprinzips in der Berufsschule. Abgerufen von kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2021/2021_09_09-Digitale-Lehr-und-Lernformate.pdf am 21.10.2022.
Qualifizierung Digital. (o.J.). https://www.qualifizierungdigital.de/qualifizierungdigital/de/home/home_node.html
Seyda, S., Flake, R., Risius, P., & Placke, B. (2019). Ausbilder im digitalen Wandel. EconStor. Institut der deutschen Wirtschaft. Abgerufen von http://hdl.handle.net/10419/213013 am 21.10.2022
Wolf, T., & Strohschen, J. H. (2018). Digitalisierung: Definition und Reife. Informatik-Spektrum, 41(1), 56–64. https://doi.org/10.1007/s00287-017-1084-8